Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

Forschungszentrum Jülich - Forschen in Jülich 3_2012

16 Forschen in Jülich 3|2012 Spieglein, Spieglein – und die Wand D as Metall Wolfram ist schwer, sehr schwer. Das merkt man spätes- tens dann, wenn Dr. Philippe Mer- tens einem ein Stück in die Hand drückt. „Wolfram hat sich als Material der Wahl für die Wand der Fusionskammer erwie- sen“, berichtet der Projektleiter am Insti- tut für Energie- und Klimaforschung. „Es schmilzt erst bei über 3.400 Grad Celsi- us, hat eine hohe Masse und zerstäubt nicht.“ Also ideal für ein Material, das mit einem 100 Millionen Grad heißen Plasma in Berührung kommt. GENERALPROBE IM KLEINEN BRUDER Wolfram, das sich schon in Form von Glühfäden in unseren alten Glühbirnen bewährt hat, soll einen heiklen Teil von ITERs Reaktor bilden: den Divertor. „Das ist der Abfluss des Fusionsreaktors und die einzige Zone, wo die Wand des Reak- tors direkt mit dem Plasma wechsel- wirkt“, erläutert Mertens. „Es muss da- her die höchsten Belastungen aushalten.“ Wie bei einer Fahrradkette sind viele der nur etwa 5 Zentimeter großen, aber massigen Wolframlamellen aneinander- gereiht. In Viererreihen nebeneinander bilden viele Tausend dieser Lamellen den ringförmigen Divertor. In Mertens Labor in Jülich lassen sich im Moment aber nur noch Einzelstücke bewundern. „Der Löwenanteil ist bereits nach England gereist“, erzählt er. Im Fu- sionsreaktor JET im britischen Culham sollen die Jülicher Bauteile in allen ent- scheidenden Tests zeigen, was sie kön- nen. Insgesamt über 2 Tonnen Wolfram haben Mertens und sein Team dort ins- talliert. Den weniger komplizierten Teil von JETs Reaktorwand bildet das viel leichtere Metall Beryllium. Weiterhin im Rennen, aber weit ab- geschlagen, ist Graphit: Das aus reinem Kohlenstoff bestehende Material, das jeder aus der Bleistiftmine kennt, wur- de lange Zeit als Favorit für die Kam- merwand gehandelt. „Es hat sich aber gezeigt, dass Kohlenstoff mit dem Brennstoff reagiert und radioaktive Ab- lagerungen im Reaktor bilden kann“, er- läutert Mertens. Die offizielle und endgültige Entschei- dung, woraus ITERs Wand bestehen soll, wird bereits in einem Jahr fallen - basie- rend hauptsächlich auf den Ergebnissen in England. Bisher spricht alles für die dort installierte Version aus Beryllium und Wolfram. Nur eine Unsicherheit gibt es noch: „Wolfram darf keinesfalls im Betrieb schmelzen“, berichtet Mertens. „Im Praxistest müssen wir das jetzt si- cher ausschließen.“ Wird die Wärme gleichmäßig auf den gesamten Divertor verteilt, ist das ext- rem unwahrscheinlich. Zwar ist das Inne- re des Plasmas 100 Millionen Grad heiß, aber die Hitze nimmt zum Rand des Plas- mas hin schnell ab. Außerdem überträgt sich die Wärme nicht so schnell auf das massive Metall. 2.000 Grad muss es ma- ximal aushalten – eigentlich kein Problem für Wolfram. „Aber wenn nur eine Lamel- le minimal höher aus der Wand ragt als die anderen, dann trifft das Plasma dort auf“, erklärt der Forscher. „An der Stelle würde es dann auch für Wolfram zu heiß.“ Mertens ist aber zuversichtlich: „JET ist bereits in Betrieb. Und bisher ist unsere Wand ein Riesenerfolg.“ HERR DER SPIEGEL Mehr Zeit bis zur Generalprobe hat Dr. Andrey Litnovsky. Er forscht an Spie- geln für ITER. Diese sollen Licht aus der Fusionskammer herausleiten, damit es sich außerhalb des Reaktors untersu- chen lässt. Licht entsteht, wenn das Plasma bei hohen Temperaturen zündet – deshalb leuchten auch die Sterne am Himmel, von denen die meisten aus Plasma bestehen. „Das Licht verrät viel über die Eigenschaften eines Sterns, so So langsam wird es ernst mit ITER, dem internationalen Fusionsversuchsreaktor, der in Südfrankreich entsteht. Eine Reaktorwand der Jülicher Plasmaforscher durchläuft gerade die letzten Tests. Ein Spiegelsystem hat noch etwas mehr Zeit. Seit Juli 2010 laufen die Bauarbeiten am Fusionsversuchsreaktor ITER im süd- französischen Cadarache. Im November 2020 soll er in Betrieb gehen.

Pages