Forschen in Jülich 3|201222 Elektronische Schätze E in Reiz für Wissenschaftler der RWTH Aachen und des Forschungs- zentrums Jülich besteht sicher dar- in, sich neben den profanen Dingen des Alltags immer wieder mit wahren Schmuckstücken zu befassen. Für diese Kristalle interessieren sie sich vor allem wegen ihrer „inneren Werte“: Einige wei- sen ungewöhnliche elektronische Effekte auf, wie memristives Verhalten, Multifer- roizität oder exotische magnetische Ord- nungen. Gelingt es, die Phänomene bes- ser zu kontrollieren, könnte dies bahnbre- chende Fortschritte bedeuten für die nächsten Computergenerationen und für erneuerbare Einrichtungen zur Energie- speicherung beziehungsweise Energie- umwandlung, wie Akkus und Brennstoff- zellen. Einige der untersuchten Materialien werden bereits seit vielen Jahren indus- triell genutzt. Lithiumniobat (LiNbO3) et- wa wird vielfach in der Mobilfunktechnik eingesetzt. Andere sind potenzielle Kan- didaten für neuartige, nichtflüchtige Da- tenspeicher beispielsweise oder für hochempfindliche Sensoren – so das multiferroische LiFeSi2O6. Es besitzt so- wohl eine magnetische als auch eine, teilweise daran gekoppelte elektrische Ordnung. Forscher der Jülich Aachen Research Alliance JARA-FIT untersuchen unter an- derem mit ultrahochauflösender Elektro- nenmikroskopie die Mechanismen hinter den besonderen elektronischen Eigen- schaften. Memristive Zellen auf der Ba- Colquiriit (LiCaAIF6) Einsatzgebiet: Laser-Kristall, Strah- lungsdetektoren (Szintillationszähler) Besondere Eigenschaft: zum Leuchten anregbar Herstellung: Czochralski-Verfahren – aus der Schmelze gezogen Strontiumtitanat (SrTiO3) Einsatzgebiet: Prozessoren, Datenspei- cher, Brennstoffzellen Besondere Eigenschaft: Memristor – elektrischer Widerstand vom Stromfluss abhängig Herstellung: optical floating zone growth – Zonenschmelzverfahren Die Aufnahme mit einem Elektronenmik- roskop (Bild linke Ecke) zeigt einen De- fekt in der regelmäßigen Kristallstruktur von Strontiumtitanat (SrTiO3), der ent- scheidend ist für die elektronischen Ei- genschaften. sis von SrTiO3 ändern ihren elektrischen Widerstand abhängig vom bereits hin- durchgeflossenen Strom. Sie gelten als mögliche Nachfolger von herkömmli- chen Transistoren – schneller, kleiner und deutlich energiesparender. Zudem verarbeiten sie neben „0“ und „1“ auch Zwischenzustände. So sind sie perfekt geeignet zum Aufbau lernfähiger Bautei- le nach dem Vorbild biologischer Synap- sen. ::