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Forschungszentrum Jülich – Forschen in Jülich 2_2013

Forschen in Jülich 2|201310 Gesundes Chaos im Kopf Die Therapie ist auch der Antrieb für einen weite- ren Forscher der „Bodencrew“ des Human Brain Modellings. Der Mathematiker, Physiker und Medi- ziner Prof. Peter Tass nutzt das Wissen aus all sei- nen Disziplinen, um das Gehirn besser zu verstehen und den Bogen zwischen neurowissenschaftlichen Grundlagen und konkreten therapeutischen Anwen- dungen zu spannen. Das Fachgebiet des Direktors am Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM) ist ebenfalls die Kommunikation zwischen Nervenzellen, die er aber nicht im Detail, sondern in Summe beobachtet und mit mathematischen Al- gorithmen modelliert. Mit Hilfe dieser Modellierun- gen hat er ein Verfahren entwickelt, das Störungen in der Kommunikation von Nervenzellen beheben kann, wie sie etwa bei Parkinson oder auch Tinni- tus auftreten. Hier senden die Nervenzellen Infor- mationen in Form elektrischer Signale nicht nach- einander, sondern gleichzeitig als „Dauerfeuer“. Bei Parkinson führt das zu dem typischen Zittern, bei Tinnitus zum Dauerton. Tass unterbricht dieses Dauerfeuer mit gezielten elektrischen Reizen – bei Parkinson über eine Elek- trode im Gehirn, bei Tinnitus durch akustische Sig- nale. Diese folgen einem bestimmten Muster, dem sogenannten Coordinated Reset (CR), einem ma- thematisch-physikalischen Algorithmus, den Tass entwickelt hat und der die Taktung der Reize indivi- duell an den Patienten anpasst. „Wir stören den krankhaften Gleichtakt der Nervenzellen durch elektrische oder akustische Impulse konstruktiv“, erklärt Tass, „das heißt, wir zwingen die Nervenzel- len, sich wieder auf ihr früheres, ,gesundes Chaos‘ zu besinnen. Somit können die Krankheitssympto- me wie Bewegungsstörungen oder Dauerton kurativ beseitigt oder zumindest gelindert werden.“ Die Therapie für Tinnitus-Erkrankte wird bereits von vielen Arztpraxen angeboten. Der Hirnschrittma- cher für Parkinson-Erkrankte soll nächstes Jahr in Patienten-Studien eingesetzt werden. Er könnte den bereits existierenden Hirnschrittmacher verbessern, der die Fehlsteuerung der Nervenzellen lediglich un- terdrückt. „Unsere Jülicher Innovation ist hingegen nachhaltig, da das Gehirn lernt. Es merkt sich den Mechanismus der erzwungenen Desynchronisation und bildet ihn nach“, berichtet Peter Tass. „Somit hält die verbesserte Bewegung der Patienten auch nach der eigentlichen Stimulationsphase an.“ Das lässt viele Parkinson-Erkrankte hoffen. Und belegt, dass das Human Brain Modelling nicht zum wissenschaftli- chen Selbstzweck stattfindet, sondern langfristig da- zu beiträgt, dass neurodegenerative Erkrankungen therapiert werden können. :: EU-Flaggschiff „Human Brain Project“ Europa bündelt seine wissenschaftlichen Kompetenzen für ein ehrgeiziges Ziel: In nur zehn Jahren soll das kom- plette menschliche Gehirn von der molekularen Ebene bis hin zur Interaktion ganzer Hirnareale auf einem Su- percomputer der Zukunft simuliert werden. Das „Human Brain Project“ ist eines von zwei europäischen Groß- projekten, das im Rahmen des FET Flagship-Programms von der Europäischen Union gefördert wird. Das „Human Brain Project“ vereint Forscherinnen und Forscher aus über 80 wissenschaftlichen Einrichtun- gen in 23 Ländern. Jülicher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Institut für Neurowissenschaf- ten und Medizin (INM), dem Jülich Supercomputing Centre (JSC) und aus dem Institute for Advanced Simulation (IAS) sind auch im Rahmen der Jülich Aachen Research Alliance (JARA) mit ihren JARA-BRAIN- und JARA-High Performance Computing-Partnern der RWTH Aachen bei verschiedenen Flagship-Forschungsschwerpunkten gefragte Experten. Sie bringen ihr Know-how zum Aufbau und zur Funktionsweise des Gehirns sowie beim Höchstleistungsrechnen und den Simulationstechniken ein. Experten des JSC arbeiten gemeinsam mit Koope- rationspartnern an der Entwicklung neuer Rechner der Exaflop-Generation. Peter Tass, Mathematiker, Physiker und Mediziner Institut HBP

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