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Forschungszentrum Jülich - Forschen in Jülich 2_2012

Forschen in Jülich 2 | 201212 Therapeutisch zurück zum gesunden Chaos W enn Nervenzellen im Gehirn in ein gleichzeitiges Dauerfeuer verfallen, bedeutet das meist nichts Gutes: Das typische Zittern und Krampfanfälle von Parkinson-Patienten, aber auch Schmerzen und das unerträgli- che Pfeifen im Ohr von Menschen, die an Tinnitus leiden, können die Folge sein. Das Institut für Neurowissenschaf­ten und Medizin, Bereich Neuromodula­­ti­on (INM-7), entwickelt Therapieansätze gegen den synchronen Gleichschritt und für ein ge- sundes Chaos im Hirn. Sie haben nun mit Computermodellen belegt: Auch indirek- te Stimulationen wirken der Synchronität entgegen. Dies könnte neuen, nichtinva- siven Therapien den Weg ebnen. Als letzte Hoffnung für Parkinson- oder Tremor-Patienten gilt oftmals eine tief ins Gehirn implantierte Sonde. Die- ses als Hirnschrittmacher bezeichnete Gerät gibt ein elektrisches Störfeuer in die betroffenen Hirnregionen ab. Rund 75 000 Patienten haben sich bisher ei- nem solch neurochirurgischen Eingriff unterzogen. Um Operationsrisiken zu vermeiden und einer großen Zahl von Patienten zu helfen, suchen Prof. Peter A. Tass und sein Team nach Alternativen ­– umge- setzt ohne Skalpell und Narkose. Die Idee: Ist es möglich, über indirekte oder sogar sensorische Reize Erkrankungen des Gehirns zu behandeln? Sodass bei- spielsweise die Nerven in der Hörrinde von Tinnitus-Patienten durch gezielte Tonfolgen den Gleichtakt verlernen? Dr. Oleksandr Popovych (INM-7) ist darauf spezialisiert, die Kommunikation in komplexen Nervenzellverbänden zu berechnen. In Computermodellen rekon- struierte er, was eine direkte bezie- hungsweise eine indirekte Stimulation bewirken kann. Direkt bedeutet, dass ein Störimpuls unmittelbar an die syn- chron feuernden Nervenzellen abgege- ben wird. Bei einer indirekten Stimulation sind mehrere Neuronen zwischen­ geschaltet – der Weg ist also länger und verzweigter bis ins betroffene Zielgebiet. „Das Ergebnis bestärkt uns“, sagt Popo­ vych. „Die Rechensimulationen zeigen eindeutig, dass auch indirekte Signale die krankhaften synchronen Nerven­ impulse aufheben können. Dabei erwies sich der Effekt in einer unserer Modell- rechnungen sogar als nachhaltiger.“ Popovych prüft mit seinen mathema- tischen Modellen auch, wie stark ein Im- puls sein muss, um eine Wirkung zu er- zielen. „Viel hilft nicht immer viel“, warnt er. „Viele wichtige Fragen sind noch of- fen. Zum Beispiel müssen wir beantwor- ten, wie wir etwa die Parameterwerte für einen therapeutischen Effekt weiter opti- mieren können. Hierzu benötigen wir fortgeschrittene Modelle und viel Re- chenzeit.“ ::Dr. Oleksandr Popovych Ein gesundes Chaos statt Gleich- takt – das ist das Ziel neuer The- rapiemethoden gegen Parkinson, Epilepsie oder Tinnitus.

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