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Forschungszentrum Jülich - Forschen in Jülich 1_2013

ten Problem der Krebsbehandlung bes- ser umzugehen: „Viele Medikamente wirken nur eingeschränkt. Denn das Blut, das sie transportiert, fließt in Tu- moren anders als in gesundem Gewebe“, erklärt der Mathematiker. Zwar haben Mediziner Krebsgewebe untersucht und dabei Besonderheiten der Blutgefäße festgestellt. Doch die Behandlungsme- thoden bleiben meist dieselben: „Man erhöht die Dosis, um die Wirkung zu steigern – mit entsprechend starken Ne- benwirkungen.“ Wer effizientere und wenig gesund- heitsschädliche Methoden entwickeln will, muss mehr wissen. Wie beeinflusst die Gefäßstruktur das Verhalten der Blutkörperchen? Wie ändert sich die Wirksamkeit von Medikamenten, wenn man ihnen gewisse Nanoteilchen bei- mischt? Solche Fragen sind ohne ein ausge- reiftes Modell der Mikrozirkulation kaum zu beantworten. Fedosov ist zuversicht- lich, dieses bereitstellen zu können: „Wir beabsichtigen, die Blutströme durch ei- nen Kubikmillimeter Gewebe zu simulie- ren. Das wäre ein großer Fortschritt.“ Ein Kubikmillimeter – das klingt winzig, beinhaltet aber in der Mikrozirkulation eine riesige Welt, in der verwirrend viel passiert. kAuM ÜbeRSchAubAReS gewuSel Viele Millionen Blutzellen schwimmen im Blutplasma eines Kubikmillimeters Gewebe. Rund fünf Millionen rote Blut- körperchen geben dort Sauerstoff ab, nehmen Kohlendioxid auf und verändern ihre Form; weiße Blutkörperchen durch- schreiten die Wände der Adern und ge- hen als Antikörper ins Gewebe über. Die Blutzellen stehen niemals still, sie zie- hen sich an, stoßen sich ab und bilden Häufchen; die Ströme werden pausenlos dünner, dicker, langsamer oder schnel- ler, kurz: Es herrscht ein kaum über- schaubares Gewusel. Dementsprechend gerät die Simulation der Blutströme zur enormen fluiddynamischen Herausfor- derung. Dmitry A. Fedosov hat diese bewäl- tigt, als einer von wenigen Wissenschaft- lern weltweit. Er hat in seiner preisge- krönten Doktorarbeit eine Methode ausgearbeitet, um Blutströme zu simulie- ren: „Ich entwickle aus bestehendem Wissen ein Modell, bilde daraus Algorith- men und übersetze diese in Softwareco- des. Dann gleiche ich mein Modell mit Daten aus Experimenten ab. Wenn es trifft, erweitere ich es.“ So dringt er in Bereiche vor, die für Experimente aus ethischen oder techni- schen Gründen verschlossen bleiben. In seiner Promotion konnte er etwa vorher- sagen, wie sich rote Blutkörperchen bei einer Malaria-Erkrankung verhalten. Die Ergebnisse sind ein Grund, wes- halb ihm die Humboldt-Stiftung einen der höchstdotierten deutschen Wissen- schaftspreise, den Sofja Kovalevskaja- Preis, verliehen hat. Dieser Preis soll Spit- zenforscher nach Deutschland holen. Der Mathematiker erhält 1,3 Millionen Euro, verteilt auf fünf Jahre, um eine eigene Ar- beitsgruppe aufzubauen und zu leiten. geOMetRie deR blutbAhnen Was der Russe sich nun vorgenom- men hat, geht aber weit über seine Dis- sertation hinaus: Er will die Modellbil- dung von der Röhre auf die Stufe des Netzwerkes heben. Das ist mehr als ein quantitativer Sprung. Er muss nicht nur mehr Blutkörper simulieren, sondern auch die komplexe Geometrie des Ader- Netzwerkes sowie die Fluiddynamik des Blutes an Verästelungen. Damit dies gelingt, muss das Modell möglichst einfach sein. Die Kunst ist zu erkennen, was unentbehrlich ist, um das System darzustellen, und alles andere wegzulassen. In Jülich beschäftigt sich Fedosov aber derzeit vor allem mit den technischen Aspekten: Etwa damit, die Berechnungen so an die Prozessoren der Supercomputer zu verteilen, dass mög- lichst viele von ihnen arbeiten. Derzeit bleiben noch viele Prozessoren wegen der komplexen Geometrie des Modells unbeschäftigt. Doch Fedosov macht ra- pide Fortschritte und ist sicher, schon im Frühjahr ein Netzwerk mit einfachen Verästelungen zu simulieren. Das wäre ein großer Schritt. :: Christoph Mann Dmitry A. Fedosov hat bereits in Sibirien und den USA gelebt. In Jülich leitet der 30-jährige Mathe- matiker eine Arbeitsgruppe zur Simulation der Blutströmung. 1|2013 Forschen in Jülich 21 NACHWUCHS | Simulation Institut Dr. Dmitry A. Fedosov

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